Türkische Kommunalwahlen: İmamoğlu will Istanbul verteidigen
Bei den türkischen Kommunalwahlen am 31. März will die Opposition erneut mit ihrem Kandidaten Ekrem İmamoğlu in Istanbul gewinnen. Der amtierende Bürgermeister der bevölkerungsreichsten Stadt und Provinz des Landes trat am Wochenende als offizieller Kandidat der Partei CHP auf – und steht unter Druck.
Der Sieg Ekrem İmamoğlus und die Kommunalwahlen 2019 gelten als größte Niederlage der AKP von Präsident Recep Tayyip Erdoğan bislang. Sie hatte Istanbul und damit das wirtschaftliche Zentrum des Landes bis dahin regiert. Auch die Hauptstadt Ankara ging an die Opposition.
Wen die AKP gegen İmamoğlu in Istanbul ins Rennen schickt, steht seit Sonntag fest: Es wird Murat Kurum. İmamoğlu dürfte ihm gegenüber die Nase vorne haben, ihm droht indes ein Politikverbot. Er war 2022 wegen Beleidigung zu mehr als zwei Jahren Haft und einem Politikverbot verurteilt worden. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, darf er kein politisches Amt mehr ausüben. Kritiker sahen in dem Urteil den Versuch, den beliebten Volksvertreter politisch kaltzustellen.
İmamoğlu: „Die Sache ist sehr ernst“
Nun sucht der Istanbuler Bürgermeister die Machtprobe mit dem Rivalen. Er bekräftigte vor Pressevertretern: Die Vorwürfe gegen ihn seien haltlos und politisch motiviert. „Es ist inzwischen offensichtlich, dass über den Innenminister ein Komplott gegen die Stadtverwaltung Istanbul geplant wurde. Das ist nichts, wo man sagen kann: ‚Was ist schon dabei?‘ Die Sache ist sehr ernst. Ich erkenne, wohin das führen soll“, zitierte ihn die tagesschau.
Der damalige AKP-Innenminister Süleyman Soylu hatte zuvor von hunderten Angestellten der Stadtverwaltung Istanbuls gesprochen, die Verbindungen zu Terrororganisationen hätten. Die Gerüchte halten sich hartnäckig. Und schon munkeln Presse und Politik, dass İmamoğlu bereits in der kommenden Woche abgesetzt werden könnte.
Bürgermeister- und Gemeinderäte-Wahlen in landesweit 81 Provinzen
Langzeit-Präsident Erdoğan, dem die wirtschaftliche Misere des Landes angelastet wird, wäre damit einen seiner größten Konkurrenten los. Und es wäre nicht das erste Mal, dass die aus dem Präsidentenpalast gelenkte Justiz des Landes zu seinen Gunsten entscheidet. Im Rechtsstaatlichkeitsindex des World Justice Project belegt die Türkei inzwischen Platz 117 von 139.
Und so wird die Wahl auch für den erfolgsverwöhnten Erdoğan zur Machtprobe. Insgesamt werden in den 81 Provinzen des Landes Bürgermeister und Gemeinderäte gewählt. Bedeutende Themen der Wahl in der Metropole und darüber hinaus sind etwa Migration – das Land beherbergte im Juli 2023 laut Einwanderungsbehörde 4,9 Millionen Flüchtlinge – und Erdbebensicherheit.