Von Migration bis Klimaschutz: Das Europawahlprogramm der Grünen im Detail

Artikel von Irene Berres  • _Der Dpiegel

 

Der Grünen-Parteitag hat ein Europawahlprogramm beschlossen. Die Partei schärft ihren Ton in der Asyldebatte, setzt aber auch auf traditionelle Themen. Die einzelnen Punkte im Überblick.

Von Migration bis Klimaschutz: Das Europawahlprogramm der Grünen im Detail

Von Migration bis Klimaschutz: Das Europawahlprogramm der Grünen im Detail © Chris Emil Janssen / IMAGO

 

Die Grünen stützen sich in ihrem Europa-Wahlprogramm auf traditionelle Kernthemen wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit, setzen aber auch neue Akzente. In der Asylpolitik solle der Grundsatz »Humanität und Ordnung« gelten, wie aus dem am Sonntag auf dem Bundesparteitag in Karlsruhe beschlossen Programm hervorgeht.

Die einzelnen Punkte im Detail:

Stärkung und Erweiterung der EU

»Weil wir wissen, dass wir gemeinsam mehr erreichen können als im nationalen Alleingang, wollen wir die Europäische Union demokratischer und nahbarer machen«, heißt es in der Präambel des Programms. Die Erweiterung der EU um die Staaten des westlichen Balkans, die Ukraine, Moldau und Georgien sowie interne Reformen der Union selbst müssten »Hand in Hand gehen«.

DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war - und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.

Eine geforderte Reform: Um die Handlungsfähigkeit der EU zu vergrößern, soll perspektivisch das Einstimmigkeitsprinzip überwunden und vorrangig das Mehrheitsprinzip angewandt werden.

Außenpolitik und Ukraine-Krieg

»Die Europäische Union steht in einer Welt voller Konflikte als Garantin für Schutz und Frieden«, heißt es. Auch dagegen richte sich der brutale russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. »Wir setzen uns dafür ein, dass die EU in ihrer humanitären, politischen, finanziellen und auch militärischen Unterstützung der Ukraine nicht nachlässt«, betonen die Grünen. Sie bekräftigen die Forderung, deren »volle territoriale Integrität« wiederherzustellen.

Kritisch bleibt die Haltung der Grünen zum Mercosur-Abkommen, einem möglichen Handelsabkommen der EU mit Staaten Lateinamerikas.

Migration und Asyl

Die EU soll das Grundrecht auf Asyl garantieren, dabei soll es »eine faire und verbindliche Verteilung von Schutzsuchenden« geben. Die Grünen pochen auf das Einhalten menschenrechtlicher Verpflichtungen nach dem Grundsatz »Humanität und Ordnung«. Dies schließt auch grundsätzliche Zustimmung zu den sich auf europäischer Ebene abzeichnenden Asylrechtsverschärfungen ein.

Weitergehende Forderungen vor allem der Grünen Jugend wurden auf dem Parteitag abgelehnt. Die Grüne Jugend wollte erreichen, dass grüne Regierungsmitglieder keine Asylrechtsverschärfungen mehr mittragen dürfen.

Angesichts des Mangels an Fach- und Arbeitskräften soll Europa im weltweiten Wettbewerb um »schlaue Köpfe und fleißige Hände attraktiver werden«, heißt es zudem. Für Asylbewerber soll es eine Spurwechsel-Option ins europäische Einwanderungssystem für Arbeitskräfte geben.

Klimaschutz

Die europäischen Emissionsziele sollen durch verbindliche Zwischenziele für 2035 und 2040 ergänzt werden. Zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes soll die Elektrifizierung von Antrieben, Produktionsprozessen und Heizungen vorangetrieben werden, der massive Ausbau erneuerbarer Energien soll bis 2035 die Stromversorgung in der EU klimaneutral machen. Wo Emissionen nicht zu vermeiden seien, sollen auch »technologische Chancen« genutzt werden, wie die umstrittene CCS-Technik zur CO₂-Speicherung. Vorrang soll aber die Abkehr von Öl, Kohle und Gas haben.

Mobilität

Im Verkehrsbereich des Programms finden sich innovative Ideen: Die Grünen wollen die Verkehrswende vorantreiben und »so viele Verkehrsmittel wie möglich elektrisch mit erneuerbaren Energien betreiben«. Um umweltfreundliche Mobilität zu erleichtern, fordert die Partei ein gemeinsames Ticket-Angebot für die europäischen Bahnen. Im Nahverkehr soll das »Flatrate-Prinzip« nach dem Vorbild des Deutschlandtickets möglichst in ganz Europa etabliert werden.

Naturschutz und Landwirtschaft

Wie international vereinbart, soll auch die EU den Natur- und Artenschutz stärken und 30 Prozent der Land- und Meeresflächen als Schutzgebiete ausweisen. Landwirtschaft soll »im Einklang mit der Natur« und im Dienste der Verbraucherinnen und Verbrauche erfolgen.

Wirtschaft und Finanzen

Gefordert wird eine europäische »Infrastrukturunion«. Ab 2026 soll es dafür ein großes Investitionsprogramm für Innovation und Resilienz geben. Die finanzielle Ausstattung der EU wollen die Grünen durch mehr Eigenmittel und höhere nationale Beiträge stärken. Mehr Diversifizierung soll Abhängigkeiten bei Rohstoffen abbauen.

Soziales und Arbeit

Die EU sei »auch eine soziale Union, die sich dem sozialen Fortschritt verschrieben hat«, heißt es in dem Programm. Sie solle »verbindliche Standards« setzen für »faire Löhne« und »gegen Willkür und Ausbeutung«. Demokratie und Mitbestimmung am Arbeitsplatz sollen ausgebaut werden. Gestärkt werden sollen

auch die Bereiche Bildung und Gesundheit.

Demokratie

»Die Stärkung der EU muss mit ihrer weiteren Demokratisierung und mehr Bürgernähe einhergehen«, betonen die Grünen. Eingefordert werden die Achtung von Menschenwürde, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten, einschließlich der Achtung der Rechte von Minderheiten und queeren Menschen. Gegen alle Formen von Diskriminierung soll die EU konsequent vorgehen.