Doppelte Staatsbürgerschaft: Darf man zwei Pässe besitzen?

  • Johannes Huyer

 

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ampelkoalition hat einen Gesetzentwurf für eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts auf den Weg gebracht. Damit soll die Einbürgerung in Deutschland vereinfacht
  • Etwa 14 Prozent der Bevölkerung – das sind gut zwölf Millionen Menschen – in Deutschland besitzen laut Bundesinnenministerium keinen deutschen Pass. 5,3 Millionen von ihnen leben seit mindestens zehn Jahren in Deutschland.
  • 2021 haben dem Bundesinnenministeriumzufolge 545 Menschen den deutschen Pass beantragt.
  • Ziel der Reform des deutschen Staatsbürgerrechts ist es, mehr Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen.

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Das bedeutet eine doppelte Staatsbürgerschaft

Wer eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzt, kann Rechte und Pflichten beider Staaten beanspruchen beziehungsweise muss ihnen nachkommen.

So dürfen Bürger:innen mit doppelter Staatsbürgerschaft in beiden Ländern wählen. Außerdem vereinfacht sich der Zugang auf den Arbeitsmarkt sowie bei wichtigen formellen Fragen rund um Immobilien, Steuern und Erbrecht.

Auch das Reisen zwischen beiden Staaten kann sich damit vereinfachen – wenn beide beispielsweise nicht sowieso schon Teil der EU sind.

Aber auch den Pflichten beider Ländern können Bürger:innen mit doppelter Staatsbürgerschaft unterliegen. Beispielsweise bei der Wehrpflicht, der sie auch nachkommen müssen, wenn nur ein Land über eine Wehrpflicht verfügt.

Im Video: Schaffen deutsche Staatsangehörige den Einbürgerungstest?

Derzeitige Voraussetzungen für Einbürgerung

Für eine erfolgreiche Einbürgerung müssen Nachweise zur Integration sowie Deutschkenntnisse erbracht werden. Dazu gibt es einen Einbürgerungstest, außerdem können Deutschzertifikate erbracht werden.

Anspruch auf eine Einbürgerung besteht erst nach acht Jahren, unter besonderen Umständen ist auch eine Verkürzung auf sechs Jahre möglich.

Bisher können nur in Deutschland lebende Menschen aus der EU, der Schweiz und Ländern, die ihren Bürgern den Wechsel der Staatsangehörigkeit untersagt, die doppelte Staatsbürgerschaft beantragen. Alle anderen müssen beim Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft ihrer bisherige Nationalität aufgeben.

Das soll sich mit dem neuen Gesetz ändern

Mit dem Gesetzentwurf zum neuen Staatsangehörigkeitsrecht soll eine Einbürgerung in Deutschland schon nach fünf Jahren statt wie bisher acht möglich sein. Unter Umständen kann die Frist sogar auf drei Jahre abgesenkt werden – dafür zählen etwa besonders gute Leistungen im Job oder in der Schule.

In Zukunft soll allen in Deutschland lebenden Menschen die Möglichkeit gegeben werden, eine doppelte Staatsbürgerschaft zu beantragen. Davon profitieren vor allem Nicht-EU-Bürger:innen. Das spielt vor allem für 1,5 Millionen Türk:innen eine wichtige Rolle. Sie mussten sich bisher für einen Pass entscheiden.

Der Lebensunterhalt für sich und unterhaltsberechtigte Familienangehörige muss selbst bestritten werden können.

Besonders von Bedeutung ist die Gesetzesreform für die Gastarbeitergeneration aus der Türkei. Während des Fachkräftemangels in den 60er-Jahren kam sie nach Deutschland. Diesen älteren Menschen, die oft seit Jahrzehnten in Deutschland leben, soll die Einbürgerung vereinfacht werden.

Die in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern sollen dem Gesetzentwurf zufolge die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil länger als fünf Jahre in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.

Wer ist von der Einbürgerung ausgeschlossen?

Voraussetzung für eine erfolgreiche Einbürgerung ist ein Bekenntnis zu Werten einer freiheitlichen Gesellschaft. Wer also antisemitische oder rassistische Straftaten begangen hat, ist damit von einer Einbürgerung ausgeschlossen.

Welche Rolle spielt die doppelte Staatsbürgerschaft für die Gesellschaft

Die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht es Menschen, sich in Deutschland politisch zu engagieren und an Wahlen teilzunehmen, ohne sofort die Staatsbürgerschaft ihres Heimatlandes aufzugeben.

Der Fachkräftemangel in Deutschland droht die gebeutelte Wirtschaft auch in den nächsten Jahrzehnten stark auszubremsen. Laut Expert:innen müssen jedes Jahr 400.000 Fachkräfte nach Deutschland kommen, um das Defizit auszugleichen. Entsprechend angewiesen sind viele Unternehmen auf die Einwanderung.

Schon die Beantragung der deutschen Staatsbürgerschaft bremst Fachkräfte aus. So können viele Kommunen schon jetzt die Einbürgerungsanträge nicht abarbeiten. Damit verzögern sich die Prozesse rund um die Einbürgerungsverfahren in vielen Fällen noch weiter.

Der Blick in andere europäischen Länder

Zum Vergleich: Während in Deutschland 2020 1,1 Prozent eingebürgerte Ausländer lebten, waren es in Schweden im gleichen Jahr 8,6 Prozent. In der gesamten Europäischen Union beträgt die Einbürgerungsrate 2,0 Prozent.

Bürger aus EU-Staaten und der Schweiz, die in Deutschland wohnen, haben das Recht, neben ihrer eigenen Staatsbürgerschaft auch einen deutschen Pass anzunehmen.

Grundsätzlich ist es in Deutschland lebenden Bürgern aus EU-Staaten, der Schweiz sowie Ländern, die ihrer Bürger nicht aus der Staatsbürgerschaft entlassen, möglich, zwei Staatsangehörigkeiten zu haben.

Türken können bisher keine zwei Staatsangehöri