Kabinett beschließt schnellere Einbürgerung: CSU und Grüne üben Kritik

Artikel von Baha Kirlidokme

Kabinett beschließt schnellere Einbürgerung: CSU und Grüne üben Kritik

 

Vor wenigen Wochen wollte sie noch leichter abschieben, nun will sie leichter eindeutschen: Bundesinnenministerin und hessische SPD-Spitzenkandidatin Nancy Faeser.

Vor wenigen Wochen wollte sie noch leichter abschieben, nun will sie leichter eindeutschen: Bundesinnenministerin und hessische SPD-Spitzenkandidatin Nancy Faeser.

Das Bundeskabinett verständigt sich auf ein neues Staatsangehörigkeitsrecht. Es soll den Zugang zum deutschen Pass erleichtern. Auch die doppelte Staatsbürgerschaft soll leichter zugänglich sein.

Berlin - Die Ampelkoalition hat einem Gesetzentwurf zum Staatsangehörigkeitsrecht zugestimmt. Das Papier stammt aus Nancy Faesers Bundesinnenministerium. Der Entwurf soll Menschen nicht nur erleichtern, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten. Mehrstaatigkeit und doppelte Staatsbürgerschaft sollen ebenfalls leichter möglich sein.

Vor allem wirtschaftliche Gründe sollen hinter dem Vorhaben stecken. Deutschland solle so attraktiver für Fachkräfte aus dem Ausland werden. „Wir werden die besten Köpfe in der Welt nur gewinnen, wenn sie in absehbarer Zeit voll und ganz Teil unserer Gesellschaft werden können - mit allen demokratischen Rechten“, sagte Faeser. Für Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit sei ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht ein entscheidender Schlüssel, so die SPD-Politikerin.

 

Reformvorschlag: Das soll sich ändern

Konkret soll eine Einbürgerung nach fünf statt bisher acht Jahren in Deutschland möglich sein. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ soll die Frist nur drei Jahre dauern.

Voraussetzung für eine Einbürgerung sollen zudem weiterhin Nachweise für Integration und Deutschkenntnisse sein. Der eigene Lebensunterhalt und der von unterhaltsberechtigten Familienangehörigen muss zudem selbst bestritten werden. Ausnahmen gibt es beispielsweise für Gast- oder Vertragsarbeiter:innen. Wer eingebürgert werden möchte, muss sich zudem zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft bekennen, darf also keine Straftaten aus rassistischen oder antisemitischen Gründen begangen haben.

 

Vor allem letzteres könnte zu Problemen führen, da die IHRA-Definition für Antisemitismus, die unter anderem in Deutschland zur Hand genommen wird, als umstritten gilt. Zwar ist diese nicht rechtlich bindend, aber handlungsleitend, ist auf der Webseite des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung zu lesen. Kritiker:innen bemängeln, dass die Definition sowohl Solidarisierung mit Palästina als auch Kritik am Staat Israel grundsätzlich als antisemitisch einstufe. Dadurch würde der Antisemitismusbegriff verwässert.

Weiterhin sollen Kinder, die in Deutschland geboren wurden und ausländische Eltern haben, automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Sie sollen außerdem die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern behalten dürfen, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren legal und mit unbefristetem Aufenthaltsrecht in Deutschland lebt.

 

Kritik aus Koalition und Opposition

Dem grünen Koalitionspartner geht der Reformvorschlag nicht weit genug. Bundestagsfraktionsvize Konstantin von Notz hält ihn für teils ungerecht. Er kritisierte im rbb-Inforadio die Voraussetzung, selbst seinen Lebensunterhalt ohne Sozialleistungen bestreiten zu müssen. Da würde etwa bei Alleinerziehenden oder Menschen mit Behinderung zu Problemen führen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wirft der Bundesregierung einen leichtfertigen Umgang mit der deutschen Staatsbürgerschaft vor. Die Staatsbürgerschaft müsse am Ende eines Integrationsprozesses stehen und nicht am Anfang, sagte er der dpa. „Eine Express-Einbürgerung mit niedrigen Voraussetzungen fördert keine Integration, sondern erschwert sie“, lautet seine These.

Der Gesetzentwurf wird nun an den Bundestag weitergeleitet. Nach Zustimmung des Parlaments, kann er in Kraft treten. Im Idealfall könne das im Januar sein, so Faeser.

Mal links mal rechts: Faeser im Wahlkampfmodus

 

 

 

Nancy Faeser scheint aktuell von ihrem Law-and-Order-Kurs zurückzurudern. Sie ist SPD-Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl am 08. Oktober. Noch vor wenigen Wochen musste sie sich Kritik stellen, aus wahlkampftaktischen Gründen eine restriktivere Asylpolitik zu betreiben.

Aus ihrem Ministerium wurde vor wenigen Wochen ein Gesetzentwurf öffentlich, das Abschiebungen erleichtern sollte. Konkret sollten Familienmitglieder von Menschen, die in sogenannte „Clankriminalität“ verwickelt seien sollen, leichter des Landes verwiesen werden, so der Vorwurf. Selbst der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, dem eine Nähe zu rechten Parteien wie der AfD oder der österreichischen FPÖ nachgesagt wird, bezeichnete den Plan als „Sippenhaft“.

Ministeriumssprecher Maximilian Kall betonte, dass es sich dabei um ein Diskussionspapier handle. Also kein fertiger Entwurf. Vielmehr gehe es darum, Menschen leichter abzuschieben, „wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass jemand Teil einer kriminellen Vereinigung war oder ist.“

Nachdem CSU-Vizefraktionschef Jens Spahn im Bundestag eine „Asylpause“ gefordert hatte, kritisierte Faeser diesen Vorstoß. „Das individuelle Asylrecht populistisch infrage zu stellen, löst keines der aktuellen Probleme und verhindert keine der Fluchtbewegungen, die wir auf der Welt erleben“, sagte die SPD-Politikerin dem Spiegel. „Ich bin strikt dagegen, das individuelle Asylrecht abzuschaffen.“ Faeser kritisierte damit auch ihren Parteikollegen Sigmar Gabriel, ehemals SPD-Vorsitzender. Dieser hatte vergangene Woche im RND eine Begrenzung von Zuwanderung gefordert. (Baha Kirlidokme)