Tausende Menschen gefoltert und willkürlich inhaftiert: Türkei in Den Haag verklagt
Europäische Juristen wollen die Türkei wegen systematischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen.
Ein umfassendes Dossier mit den Aussagen von mehr als 1300 Opfern sei dem Chefankläger übergeben worden, teilte die Initiative „Turkey Tribunal“ am Mittwoch in Den Haag mit. Nach Ansicht der Juristen hat die Türkei sich der Folter, Entführung und Gefangennahme von Regimegegnern schuldig gemacht. „Mehr als 200.000 Menschen verschwanden, wurden gefoltert oder willkürlich inhaftiert“, sagte Johan Vande Lanotte, früherer stellvertretender Ministerpräsident Belgiens.
Die Initiative wird unterstützt von der Organisation Europäischer Richter und Ankläger (Medel). Nach Auffassung der Juristen könnten Ermittlungen auch gegen „hohe Beamte eines NATO-Verbündeten“ eingeleitet werden. Der Chefankläger des Weltstrafgerichtes, Karim Khan, entscheidet, ob ermittelt wird. Er ist dazu aber nicht verpflichtet.
Verbrechen auch außerhalb der Türkei
Die Türkei erkennt das Gericht nicht an. Die Initiatoren sind aber der Ansicht, dass dennoch ermitteln werden könne. Denn zahlreiche Verbrechen hätte die Türkei auch auf dem Grundgebiet von 45 Vertragsstaaten des Gerichts begangen. Genannt wurden Entführungen sowie der willkürliche Entzug von Reisepässen.
Der Chefankläger sei zu Ermittlungen befugt, wenn systematische Verbrechen in einem Vertragsstaat begonnen hätten oder dort endeten. Die Initiatoren verweisen auf den Fall von Myanmar. Das Land erkennt das Gericht zwar nicht an, doch leitete die Anklage Ermittlungen wegen der Verfolgung der Rohingya ein. Das ist möglich, da viele der verfolgten Menschen nach Bangladesh geflohen waren, ein Vertragsstaat des Gerichts.
dpa/dt