Deutschland verbietet immer mehr Deutschen die Ausreise

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Von: Erkan Pehlivan

Kommentare"Bundesinnenministerin Nancy Faeser und ihr türkischer Amtskollege Süleyman Soylu." Pollmann/dpa

Die Bundespolizei untersagt einer steigenden Zahl von Staatsbürger:innen die Ausreise aus Deutschland. Dahinter sehen Experten vor allem ein Eingeständnis an die Türkei.

Berlin - Immer mehr Deutsche dürfen Deutschland nicht verlassen. Laut einer kleinen Anfrage der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut und ihrer Fraktion, Die Linke, hat die Bundespolizei zwischen 2018 und 2022 insgesamt 131 deutschen Staatsbürger:innen die Ausreise verweigert.

Waren es im Jahr 2018 nur drei Personen, denen die Ausreise untersagt worden war, stieg ihre Zahl im Jahr 2022 auf einen Höchstwert von 66.

Deutschland verbiet Staatsbügern die Ausreise - die Statistik von 2018 bis 2022

2018 3
2019 15
2020 33
2021 14
2022 66

Als Grundlage für Verbote von Auslandsreisen durch die Bundespolizei dient laut der Antwort des Bundesinnenministeriums auf die parlamentarische Frage das Abgleichen „personenbezogener Daten mit nationalen, europäischen und internationalen Datenbanken nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) im Rahmen ihrer grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung“. Zu den Daten, die dabei herangezogen werden, gehören demnach „das Informationssystem der Polizei, die zur Grenzfahndung geführte Datei, das Schengener Informationssystem und die Stolen and Lost Travel Documents database von Interpol“. Laut dem Bundesinnenministerium hat die Bundespolizei zudem „nach den Umständen des Einzelfalls und nach Maßgabe des geltenden Rechts Zugriff auf die Antiterrordatei und die Rechtsextremismusdatei.

Länder verweigern auch Auslandsreisen von Deutschen

Auch auf Landesebene wird Deutschen die Ausreise aus dem eigenen Land verweigert - so geschehen im Fall der 18-jährigen Solin G. Die Stadt Oberhausen hat der kurdischstämmigen deutschen Staatsbürgerin ihren Reisepass entzogen. In der sogenannten Ordnungsverfügung hat die Stadt ihr zudem die Ausstellung eines Personalausweises und eines Reisepasses untersagt, auch wenn diese nur als „vorläufige“ Dokumente beantragt würden. In der Begründung heißt es, es gäbe bei der Teenagerin eine Zugehörigkeit zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.

„Ihrem persönlichen Recht auf Ausreisefreiheit (...) steht das Interesse der Bundesrepublik Deutschland an seiner inneren und äußeren Sicherheit sowie das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber“, heißt es weiter in der Begründung zu dem Passentzug und dem Ausreiseverbot für Solin G. Die Stadt Oberhausen gehe von einem hinreichend anzunehmenden Vorhaben aus „sich an Kampfhandlungen der PKK zu beteiligen“.

Möglicher Besuch von PKK-Jugendcamps in Istanbul

Solin G. soll dieses Jahr bereits zwei Mal nach Istanbul gereist sein, so die Stadt Oberhausen. Daher werde vermutet, dass sie „dort Jugendcamps der PKK besucht und sich mit den dortigen Strukturen der PKK vernetzt“ habe. In den Vorwürfen gegen die kurdischstämmige Frau sieht die Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut (Linke) wiederum vorauseilendem Gehorsam gegenüber dem Regime von Präsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara. „Es ist für mich erschreckend zu sehen, wie schnell manchmal Grundrechte eingeschränkt werden, wenn es um Menschen geht, die sich für die Rechte von Kurdinnen und Kurden einsetzen. Oftmals habe ich leider den Eindruck, dass die Bundesregierung vor dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan kuscht“, sagte Akbulut der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA.