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Dursun Düzer war der erste türkische Gastarbeiter in Füssen

 

Eine spannende Lebensgeschichte

Dursun Düzer war der erste türkische Gastarbeiter in Füssen

Besuch: Dritter Bürgermeister Wolfgang Bader (links) mit Dursun Düzer. Dahinter Düzers Sohn Cengizhan und der Vorsitzende der Muslimgemeinde Füssen Tuncay Yilmaz.

Besuch: Dritter Bürgermeister Wolfgang Bader (links) mit Dursun Düzer. Dahinter Düzers Sohn Cengizhan und der Vorsitzende der Muslimgemeinde
Füssen Tuncay Yilmaz. © Stadt Füssen

 

Viele Mitglieder der türkischen Community nennen ihn respektvoll „Baskan“, was „Vorsteher“ bedeutet: Dursun Düzer. Er war der erste türkische Gastarbeiter, der nach Füssen kam.

Füssen – Dursun Düzer war der erste türkische Gastarbeiter, der nach Füssen kam. 60 Jahre ist das nun her. Dritter Bürgermeister Wolfgang Bader stattete Düzer einen Ehrenbesuch ab und hörte sich die Geschichte des 83-Jährigen an.

Dursun Düzer wurde in Giresun am Schwarzen Meer geboren. Als er elf Jahre alt war, zog seine Familie nach Istanbul in der Hoffnung nach einem besseren Leben. Der Umzug in die Metropole bedeutete einen Kulturschock für Düzer. Zwölf Jahre später sollte er einen weiteren, noch viel größeren, erleben: 1963 steigt er in einen Zug, drei Tage später kommt er in Füssen an – der erste türkische Gastarbeiter.

Seine Wahl fiel auf Füssen, da Düzer in der Türkei Textilarbeiter gelernt hatte und er bei den Hanfwerken Arbeit fand. Bei den Hanfwerken bezog er auch ein Mitarbeiterzimmer. Das Zimmer war spartanisch eingerichtet, reichte ihm aber aus. Bett, Schrank, Tisch und Stuhl sowie ein Kühlschrank; letzterer war allerdings defekt.

Neue Worte schrieb er mit Kreide auf den Boden

Ein defekter Kühlschrank war aber freilich Düzers kleinstes Problem. Drei Jahre brauchte er, um die deutsche Sprache zu lernen, neue Worte schrieb er stets mit Kreide auf den Boden oder auf seinen Tisch. Bis Düzer sich auf Deutsch verständigen konnte, kommunizierte er mit Gesten und anhand von Bildern, die er seinem Gegenüber zeigte – was freilich auch zu Missverständnissen führen konnte. So erinnert er sich noch heute amüsiert, dass eine Frau, der er ein Bild einer Kuh vorhielt, sauer wurde, da sie dachte, er wolle sie als Tier beschimpfen. Dabei wollte er lediglich erfahren, ob die Wurst auf der Semmel vom Schwein oder von der Kuh stammt.

Etwa ein dreiviertel Jahr, nachdem Düzer in Füssen ankam, heuerten weitere türkische Gastarbeiter in Füssen an. Für seine Landsleute war er von Anfang an der erste Ansprechpartner, der Vorsteher, der Baskan eben. Er genoss absolutes Vertrauen, sprang etwa als Dolmetscher bei Amtsgängen, beim Arzt oder bei der Polizei ein. Und wenn der Baskan sagte, der Kreditvertrag ist gut, dann unterzeichneten seine Landsleute. Düzer drängte die anderen Gastarbeiter außerdem beharrlich, Deutsch zu lernen und sich zu integrieren, 1970 gründete er den türkischen Arbeitnehmerverein in Füssen. Sein Sohn Cengizhan sagt: „Ich bin stolz auf meinen Vater, dass er sich immer so sehr für die anderen eingesetzt hat.“

Im Sommer täglich im Schwansee

1967 heiratet Düzer seine Frau Sevim in Istanbul, 1968 bekommen die beiden ihre Tochter. Zwei Söhne sollten folgen, inzwischen haben sie auch drei Enkel. Im Sommer ist Düzer täglich beim Schwimmen am Schwansee, außerdem liest er täglich mindestens drei Stunden. 60 Jahre nachdem Dursun Düzer in Istanbul in den Zug stieg, sagt er: „Ich bin glücklich, nach Füssen gekommen zu sein.“ (kb)