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Bundesregierung will sichere Herkunftsländer selbst einstufen – Harte Kritik von Grünen

                                              Artikel von afp/khe

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                                         Die Bundesregierung will mehr Länder als sichere Herkunftsländer einstufen. © Boris Roessler/dpa

Die Bundesregierung will sich freie Hand bei der Einstufung von Ländern als sichere Herkunftsstaaten verschaffen. Das Bundeskabinett hat eine entsprechende Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen beschlossen, wonach eine solche Einstufung durch eine einfache Rechtsverordnung erfolgen kann. Dadurch soll der Bundesrat nicht mehr zustimmen müssen. Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte, dass mit der am Mittwoch beschlossenen Maßnahme eine „effektive Besteuerung und Begrenzung der Migration“ erreicht werden solle.

Die Asyl-Verfahren von Staatsangehörigen aus sicheren Herkunftsländern werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) schneller bearbeitet und entschieden - meist mit dem Ergebnis einer Ablehnung. Im Bundesrat hatte es in der Vergangenheit gegen solche Einstufungen oft Widerstand, vor allem von Bundesländern mit Grünen-Regierungsbeteiligung, gegeben. Diese Hürde will die Bundesregierung nun umgehen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Dirk Wiese, verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung als richtig. Das „Scheitern an den Grünen“ im Bundesrat habe er bisher „bedauert“, sagte er. Aus den Reihen der Grünen gab es wiederum deutliche Kritik. Bundestagsabgeordnete Filiz Polat warf der Bundesregierung vor, „an den Grundpfeilern unseres Rechtsstaatsprinzips“ zu rütteln. „Die Einstufung sicherer Herkunftsstaaten ist kein Verwaltungsakt, sondern ein tiefgreifender Eingriff in individuelle Schutzrechte mit gravierenden Folgen für Geflüchtete“, sagte sie.

ie Mitwirkung der Verfassungsorgane sei „kein lästiges Verfahren, sondern ein verfassungsrechtliches Gebot“. Auch die Geflüchtetenorganisation Pro Asyl bezeichnete das Vorhaben als „verfassungsrechtlich höchst problematisch“. „Schlag auf Schlag will die neue Bundesregierung die Rechte von Geflüchteten weiter abbauen“, sagte Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl. „Die Bestimmung von angeblich sicheren Herkunfts- und Drittstaaten erschwert es gefährdeten Menschen, den ihnen eigentlich zustehenden Schutz zu bekommen.“

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte am Mittwoch, der Schritt sei Teil eines ganzen Pakets „nationaler Maßnahmen (...), um die Asylwende durchzuführen“. Er stellte in Aussicht, dass die Bundesregierung einige der Maghreb-Staaten in Nordafrika sowie Indien als weitere sichere Herkunftsländer einstufen würde. Das werde aber erst entschieden, wenn die Regierung grundsätzlich die Möglichkeit per Rechtsverordnung habe. Darüber müsse der Bundestag entscheiden, eine Zustimmung des Bundesrats sei nicht nötig.

Sichere Herkunftsstaaten sind Staaten, bei denen wegen der allgemeinen politischen Verhältnisse keine politische Verfolgung oder unmenschliche Bestrafung oder Behandlung angenommen wird. Zurzeit sind das die EU-Mitgliedstaaten sowie Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Moldau, Serbien, Ghana und Senegal. Menschen aus diesen Ländern haben in der Regel keine Aussicht auf Asyl.