Türkische Gemeinde in Deutschland
Almanya Türk Toplumu Pressemitteilung


Bundesgeschäftsstelle – Genel Merkez


Türkische Gemeinde in Deutschland – Obentrautstr. 72 - 10963 Berlin
Pressemitteilung vom 06. Oktober 2021

60 Jahre Almanya – „Gastarbeiter:innen“ und die jüngeren Generationen müssen
endlich Teil der deutschen Geschichte werden!

60 Jahre Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei – die Türkische
Gemeinde in Deutschland (TGD) hat gestern dieses geschichtsträchtige Jubiläum gemeinsam
mit ca. 130 geladenen Gästen im Haus der Kulturen der Welt gefeiert. Mit dabei waren der
Bundespräsident Frank-Walther Steinmeier, der eine Festrede hielt, sowie seine Exzellenz
der Botschafter der Türkei, Ahmet Başar Şen.

Die TGD war hoch erfreut darüber, dass Bundespräsident Steinmeier solch warme und
ermutigende Worte für die 60-jährige Geschichte der Migration aus der Türkei gefunden
hat. „Die Geschichten der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter verdienen einen
angemessenen Raum in unseren Schulbüchern und in unserer Erinnerungskultur; eine
Randnotiz wird ihrem Beitrag für unser Land nicht gerecht. Wenn wir ihre Geschichten
erzählen, als integralen Teil der Geschichte dieser Republik, dieses Landes, erst dann
verstehen wir unser aller Geschichte“, so Bundespräsident Steinmeier. Deutschland sei
außerdem ein Land mit Migrationshintergrund und es sei höchste Zeit, dass wir uns dazu
bekennen würden. Am Ende seiner Festrede bestärkte Bundespräsident Steinmeier
Jugendliche, junge Frauen und Männer in Deutschland, sich den Platz zu nehmen, der ihnen
zusteht. „Nehmen Sie sich den Platz in der Mitte, und füllen Sie ihn aus! Gestalten Sie diese
Gesellschaft mit, denn es ist Ihre Gesellschaft“

Der Festakt fand in Kooperation mit mehreren Projekten und Partnern statt: Das
Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland (DOMiD) zeigte
eine Wanderausstellung „Viel erlebt, viel geschafft ... viel zu tun! – Geschichten aus der
Migrationsgesellschaft“. Die ausgestellten Objekte, Dokumente und Fotografien erinnern an
die vielen Menschen, die zwischen 1955 und 1968 als Arbeitsmigrant:innen in die BRD und
DDR kamen. Musiker:innen aller Generationen und unterschiedlicher Genres traten im
Ensemble „Deutschlandlieder/Almanya Türküleri“ mit Liedern auf, die sie während ihres
Lebens in Deutschland herausgebracht haben und stellen damit die deutsch-türkische
Musikgeschichte in den Fokus. Darüber hinaus stellte Özcan Mutlu sein in Zusammenarbeit
mit Correctiv veröffentlichtes Buch „60 Jahre – Wie Deutschland meine Heimat wurde“ vor
und zeigte Portraits der Menschen, die im Buch zu Wort kommen.

„Mit 60 Jahren verbinde ich wirklich viel: Wohlstand, Leistung, Vielfalt, politische
Versäumnisse, Rassismus, gesellschaftliche Bereicherung – viel Positives, aber auch
Negatives. Unsere gemeinsame Geschichte ist komplex und hat viele Facetten“, sagt Gökay
Sofuoğlu, Bundesvorsitzender der TGD. „Insgesamt können wir eine Erfolgsgeschichte
sehen. Eine Geschichte, die damit angefangen hat, dass Menschen ihre Heimat für die
Hoffnung auf ein besseres Leben verlassen haben. Eine Geschichte, die weiterging mit den
großartigen Leistungen und Herausforderungen der Migrant:innen und ihrer Kinder und die
jetzt mit der Enkel- und Urenkel-Generation in der Gegenwart angekommen ist. Sie sind
fester Bestandteil dieses Landes und tragen den Willen zur Teilhabe in sich. Das sind gute
Nachrichten!“

Zu dieser Erfolgsgeschichte gehört aber auch eine andere Seite. „Innerhalb von 12 Jahren
sind rund 900.000 Menschen aus der Türkei nach Deutschland gekommen. So viele
unterschiedliche Menschen und trotzdem gibt es eine Reihe schmerzhafter Erfahrungen, die
ihren Platz im kollektiven Gedächtnis der Deutschtürkinnen und Deutschtürken einnehmen“
meint Atila Karabörklü, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland. „Da
geht es um politische Fehler, wie die „Türkenklassen“, die Residenzpflicht oder die
Rückkehrprämie unter Bundeskanzler Kohl. Und es geht um Rassismus und
Rechtsextremismus, es geht um die vielen Mordanschläge und um den skandalösen Umgang
der staatlichen Behörden damit. Wir glauben, dass eine ehrliche Auswertung der 60 Jahre
notwendig ist, damit auch die Erinnerungen der „Gastarbeiter:innen und ihrer Kinder“
endlich zum Teil deutscher Geschichte werden können. Dann erst haben wir ein stabiles
Fundament, auf dem wir eine Einwanderungsgesellschaft bauen können“, betont Karabörklü
abschließend.

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Pressekontakt:
Kaan Bağcı
Türkische Gemeinde in Deutschland e.V.
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