Drucken
Zugriffe: 9564





Forderungskatalog

Türkische Gemeinde in Detuschland

Mit Engagement demokratisches Zusammenleben in Vielfalt stärken
-
Politische Forderungen zivilgesellschaftlicher Organisationen an die neue Bundesregierung, die
Fraktionen sowie Mitglieder des Bundestags für ein diverses und vielfältiges Deutschland

Präambel

Bürgerschaftliches Engagement ist ein wesentlicher Bestandteil unseres demokratischen
Gemeinwesens. Eine starke Zivilgesellschaft trägt zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei, der
zunehmend durch Polarisierung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Frage gestellt wird.
Mittlerweile haben ca. 25% der Bevölkerung in Deutschland eine Einwanderungsgeschichte. Aktuelle
Studien belegen, dass sich dieser Anteil in Kürze aufgrund des demographischen Wandels verdoppeln
wird. Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind indes sowohl im Alltag als auch
strukturell weiterhin verbreitet, stellen nach wie vor eine große Herausforderung dar und haben in
den vergangenen Jahren, verstärkt etwa durch die Corona-Pandemie, an Kraft gewonnen. Um dieser
Gefährdung unserer Demokratie zu begegnen, bedarf es struktureller Veränderungen der Gesellschaft
und einer nachhaltigen Stärkung der Zivilgesellschaft.
Das hat die scheidende Bundesregierung erkannt und mit ihrem „Maßnahmenkatalog des
Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“ erste
Gegenmaßnahmen skizziert. Die unterzeichnenden Organisationen dieses Forderungskatalogs
begrüßen den Maßnahmenkatalog ausdrücklich und fordern die zukünftige Bundesregierung auf, an
diesen anzuknüpfen. Gleichwohl gehen die beschlossenen Maßnahmen nicht weit genug. Vor diesem
Hintergrund verstehen wir, als Akteure der Zivilgesellschaft, die nachfolgenden Forderungen als
Aufruf, allen Menschen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und das demokratische
Zusammenleben in Vielfalt zu stärken. Im Bewusstsein darüber, dass unterschiedliche
Diskriminierungsdimensionen existieren, zielen die hier aufgestellten Forderungen auf Deutschland als
eine Migrationsgesellschaft ab.

Forderungen

I. Der Kampf gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, gegen Rassismus und für ein
Zusammenleben in Vielfalt bedarf der rechtlichen und strukturellen Fundierung, um die
Handlungsfähigkeit aller gesellschaftlichen Akteure zu stärken. Wir fordern daher, die
rechtlichen und strukturellen Rahmenbedingungen für Vielfalt zu schaffen und entschiedener
gegen Rassismus sowie gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit vorzugehen. Hierzu gehört:

· Es bedarf eines klaren Bekenntnisses des Staates zu Vielfalt und dazu, dass Deutschland eine
Migrationsgesellschaft ist. Wir fordern, im Grundgesetz einen Artikel aufzunehmen, der
Deutschland als Einwanderungsgesellschaft definiert, und damit auch ein zusätzliches
Staatsziel „Förderung gleichberechtigter Teilhabe und Chancengerechtigkeit“ ausweist. Das
ist bereits beispielhaft auf Länderebene mit der Aufnahme einer Antirassismus-Klausel in die
Verfassungen der Bundesländer Brandenburg und Sachsen-Anhalt gelungen. Aufbauend auf
das Diskriminierungsverbot ergebe sich eine größere staatliche Handlungsfähigkeit.

· In Anerkennung der Tatsache, dass Deutschland eine Migrationsgesellschaft ist und die
Gewährleistung gleichberechtigter Teilhabe aller Menschen eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe darstellt, muss der Themenkomplex auf Bundesebene in der Exekutive eigenständig
verankert werden. Wir fordern, entweder
o ein „Bundesministerium für Diversität, Teilhabe und Migration“ einzuführen. Oder
o den Posten der/des „Integrationsbeauftragten der Bundesregierung“ zur
„Beauftragten für Diversität, Migration, Teilhabe und gegen Rassismus“ weiter zu
entwickeln, mit entsprechender Erweiterung der Handlungsfelder.

· Noch immer spiegeln staatliche Einrichtungen, wie etwa Ministerien, die Vielfalt der
Gesellschaft unter ihren Mitarbeitenden nicht wider. Wir fordern,
o ein Bundespartizipationsgesetz zu erarbeiten, das unter anderem basierend auf der
oben genannten gesetzlichen Definition von gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit eine wissenschaftlich fundierte verpflichtende Quote im
öffentlichen Dienst für Menschen, die von Rassismus und anderen Formen von
Diskriminierung potentiell betroffen sind, einführt. Ziel sollte sein, den öffentlichen
Dienst stärker für alle Mitglieder der Gesellschaft zu öffnen. Sowie
o unabhängige Beschwerdestellen in Verwaltungen und Sicherheitsbehörden
einzurichten, an die sich von Rassismus und Diskriminierung betroffene Angestellte
wenden können.

· Die strafrechtliche Verfolgung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ist aktuell schwerlich
möglich. Wir fordern, eine gesetzliche Definition von gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit zu erarbeiten und basierend auf dieser, Rassismus in seinen
unterschiedlichen Ausprägungen als Straftatbestände in das Strafgesetzbuch aufzunehmen.

Türkische Gemeinde in Detuschland

Zahlreiche andren Organisationen 

Unterzeichnende Einzelpersonen
Prof. ́in Dr. Júlia Wéber, Hochschule Neubrandenburg
Elke Schilling, Initiatorin von Silbernetz